Der NZZ-Journalist Werner Grundlehner gibt in seinem Artikel lesenswerte Tipps für die Auswahl eines geeigneten Hilfswerks für Spenden.
Auf Weihnachten hin öffnet sich das Herz und oft auch das Portemonnaie. Viele Schweizer spenden in dieser Zeit gerne für Menschen, die in weniger privilegierten Umständen leben. Wer dabei glaubt, ein kleiner Betrag könne nichts ausrichten, der irrt. Kleine Beträge sind die wichtigsten Spenden für caritative Vereinigungen (vgl. Grafik). Spenden sind wiederum nach staatlichen Beiträgen auch deren wichtigste Finanzierungsquelle. 2015 betrug das Spendenvolumen in der Schweiz 1826 Mio. Fr. und fiel damit um fast 6% höher aus als im Vorjahr.
Wenn Leute grosszügig werden, gibt es immer solche, die dies schamlos ausnutzen wollen. Deshalb sollte der Spendenwillige nur an persönlich bekannte oder geprüfte Organisationen geben. Hierzulande wird ein Zertifikat durch die Zertifizierungsstelle für gemeinnützige Spenden sammelnde Organisationen (Stiftung Zewo) vergeben. Diese Stelle prüft neben der Frage, ob Spendengelder nicht zweckentfremdet werden, auch Aspekte der Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Hilfeleistungen sowie der Transparenz und der Ethik. Auf der Homepage der Zewo sind auch Organisationen aufgeführt, denen das Zertifikat abgesprochen wurde, die Ziel vieler Beschwerden sind, und solche, die sich weigern, die geforderten Unterlagen einzureichen.
Rega ohne Zertifikat
Es ist nun aber nicht so, dass ein Hilfswerk ohne Zertifikat zwangsweise nicht seriös ist. Gerade kleine, lokale Organisationen verzichten auf diese Prüfung. Doch auch einer der fleissigsten Spendensammler, die Rettungsflugwacht, hat kein Zertifikat. Die Organisation habe dieses zurückgegeben, nachdem sich Differenzen mit den Zewo-Richtlinien abgezeichnet hätten, sagt Martina Ziegerer, Geschäftsleiterin der Zewo. Dabei ging es insbesondere um die Entschädigungen an die Geschäftsleitung. Doch die alleinige Fokussierung auf die Verwaltungskosten gefährde die Wirksamkeit von gemeinnützigen Projekten, schreibt dagegen in einem Kommentar Georg von Schnurbein, Direktor des Center for Philanthropy Studies (CEPS) an der Universität Basel. Der Durchschnittsbürger gehe davon aus, dass in Hilfswerken vor allem ehrenamtlich gearbeitet werde. Das ist falsch. Effiziente Organisationen brauchen festangestellte Fachleute. Im Wissen darum, dass der Anteil der Verwaltungskosten das ausschlaggebende Kriterium sei, würden die Bilanzen getrimmt und Verwaltungskosten teilweise auf einzelne Projekte überwälzt. Eine gute Tat bemisst sich gemäss von Schnurbein nicht an tiefen Verwaltungskosten, sondern an der Wirkung. Neben den Kosten sollte deshalb auch ein Wirkungsnachweis als Grundlage für einen Spendenentscheid dienen.
So schreibt von Schnurbein in seiner Analyse: Die unbequeme Wahrheit sei, dass nicht jedes Projekt ein Erfolg sei und nicht jeder eingesetzte Franken ausschliesslich der Zweckerfüllung diene. Was in allen anderen Gesellschaftsbereichen akzeptiert wird, solle also für den caritativen Bereich nicht gelten? Die Zewo habe keine absolute Fixierung auf die Verwaltungskosten und führe auch keine Ranglisten, meint dazu Martina Ziegerer. Es sei aber im Interesse des Spenders, dass die Gelder möglichst effizient eingesetzt würden. Die Zewo habe eine Methodik entwickelt, um die unterschiedlichen Geschäftszahlen vergleichbar zu machen.
Auch der Spender kann helfen, die Effizienz der caritativen Organisationen zu steigern. So empfiehlt es sich, falls man regelmässig spendet, einer Organisation die Treue zu halten – und nicht jedes Jahr eine neue Einrichtung auszuwählen. Denn ist man einmal auf der Adressliste einer Organisation, versucht diese intensiv, den Spender zurückzugewinnen, falls dieser nicht mehr zahlt. Dabei kann man den Eindruck bekommen, eine Hilfseinrichtung verbrauche den Grossteil der vergangenen Spende zu diesem Zweck. Wenn man sich entschliesst, ein Hilfswerk nicht mehr zu berücksichtigen, kann man mitteilen, der eigene Name solle aus der Adresskartei gestrichen werden.
Agenturen sammeln
Oft wird man auf der Strasse von Nonprofitorganisationen angesprochen. Diese Personen versuchen meistens Mitglieder oder mehrjährige Patenschaften anzuwerben. Die Anwerber sind dabei meist Angestellte von Agenturen, die professionell auf «Betteltour» gehen. Oft wird kolportiert, dass dies teuer sei und die ersten Jahresbeiträge nicht an die Hilfsorganisation, sondern an den Spendensammler gingen. Die Kosten für diese Mittelbeschaffung werden von den Hilfswerken nicht separat angewiesen. Solche Aktionen sind zwar viel teurer als eine Streusendung per Post, sie weisen aber auch eine viel höhere Erfolgsquote auf und münden meist in mehrjährige Engagements. Oft denken Wohltäter, es wäre geschickter, Sachspenden zu tätigen, da diesen im Gegensatz zu Geldspenden nichts abgezwackt werden kann. Das Hilfswerk wird bei Sachspenden jedoch stark eingeschränkt, Geld ist viel flexibler einsetzbar. Sachspenden sollten nur dann vorgenommen werden, wenn Hilfswerke gezielt darum bitten.
Autor: Werner Grundlehner / NZZ